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Der in Berlin lebende japanische
Maler Eici Sonoda, 1958 in Tokyo geboren, verzichtet bei der Arbeit auf
Geborgenheit. Sein Atelier ist die Straße; in bestimmten Berliner
Bezirken gehört er bereits zum Inventar.
Besonders nächtliche Situationen, im Dunkeln schwer auf die Leinwand
zu bringen, ziehen ihn an. Sonoda hat seine Gründe, Berlin zu lieben,
und gönnt dem Betrachter die Lust am Wiedererkennen. Die Suche nach
dem Motiv fällt ihm nicht leicht, es soll stellvertretend und zugleich
eindeutig sein. Der Blick dieses unverbrauchten Malers scheut vor Attraktionen
wie der Gedächtniskirche nicht zurück. Mit dem Pinsel lediglich
Gewohntes zu konstatieren, genügt Sonoda nicht. Er malt hektisch pulsierendes
Großstadtleben, das ihn begeistert und den introvertierten Berlin-Habitué
mit Überraschungen konfrontiert.
In der Ausstellung „Berlin – Tokyo“ (2005), zu der ein
deutsch-japanischer Katalog erschien, ergaben sich erstaunliche Korrespondenzen
und Unterschiede zwischen den beiden Weltstädten.
Katalogtext_deutsch
BERLIN - TOKYO
Erst vor einem Jahr entdeckte Eici Sonoda, der seit 1979 in Berlin lebt
und arbeitet, Tokyo, die Heimatstadt der Eltern. Das klare Licht, das
im Herbst und Winter dort wie in Europa nur in der Provence herrscht,
trug zu einem erstaunlichen Ergebnis bei: stimmungsvolle Bilder einer
modernen Großstadt, farbig und konturiert.
Sie versetzen den Berliner Betrachter, an diesige Luft und Eintrübungen
gewohnt, in eine von der Natur bevorzugte, lichtere Welt, deren filigrane
Strukturen den Augen wohl tun und den Kopf frei machen.
Ob in Tokyo oder Berlin, Sonoda verzichtet beim Malen auf Geborgenheit:
sein Atelier ist die Straße. So zwanglos sich seine Sujets darbieten,
ihm fällt die Suche nach dem Motiv nicht leicht. Es soll stellvertreten
und zugleich eindeutig sein. Der Bahnhof Zoo und der Asakusa Tempel bieten
Sinnbilder für die Geschichte, Relikte einer Zeit, deren Werte heute
überholt sind; andere Bilder zeugen vom Puls der Gegenwart oder bringen
den Übergang von der Stadt in die Landschaft in den Blick. Aber das
Motiv ist nur der schwierige Anfang. Das Bild gelingt nur zum richtigen
Zeitpunkt: Tageszeit und Lichtverhältnisse müssen stimmen, das
Wetter und das Gefühl für die Rush-hours. Nur sorgfältiges
Planen bringt dies zusammen. Wenn Sonoda malt, was er sieht, hat er sich
gründlich vorbereitet.
Um 1865, als eine kleine Pariser Galerie Holzschnitte aus dem „Land
der aufgehenden Sonne“ anbot und japanische Maler anfingen, sich
an der Ölmalerei der Europäer zu orientieren, kam der Austausch
zwischen Japan und Europa in Gang, dessen Vielfalt in Malerei, Architektur
und Theater kaum zu übersehen ist. Eici Sonoda und seine Bilder bieten
in diesem Wechselspiel ein interessantes Kapitel.
Friedrich Rothe
Galerie am Savignyplatz
Katalogtext_japanisch
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